Shame on you not so great Britain!

Die Mehrzahl der Briten haben sich entschieden – gegen ein Europa, das wir schon geeint wähnten und das nun mit ihrer Hilfe dabei ist, die große Chance zu verspielen, die in der Einheit liegt – auf lange Sicht gesehen angesichts der aufstrebenden Großreiche vielleicht die einzige Chance zu überleben.

Die Skeptiker der Basisdemokratie werden sich bestätigt fühlen. Bei Volksentscheiden spielen eben nicht die Vernunft, sondern Emotionen eine entscheidende Rolle, in Schillers Worten (wieder einmal zitiert):

Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn.
Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.

………
Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen.
D e r  Staat muß untergehn, früh oder spät,
wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.

(aus dem Fragment „Demetrius“)

Dem tumben Volk ist jedoch weniger etwas vorzuwerfen als jenen Politikern, die gewissenlos sehenden Auges zum eigenen, und nur ihrem eigenen Nutzen und dem ihrer Clique Emotionen bedienen und Ängste schüren, statt mit Argumenten die Wähler zur Vernunft zu bringen. Der Pragmatismus der Wirtschaft reicht offenbar nicht aus, Fehlentscheidungen abzuwenden.

Was hat einen Boris Johnson angetrieben, die Brexit-Bewegung zu unterstützen mit „Argumenten“ vermutlich gegen besseres Wissen? Er, der einmal, als er noch Herausgeber des konservativen Magazins „The Spectator“ war, einen fast leidenschaftlichen Artikel über Aeneas geschrieben hat, jenen Aeneas, der, dem brennenden Troja entkommen, nach einer langen Odyssee schließlich an Italiens Küsten landet und sich durch Diplomatie mit den Bewohnern des fremden Landes einigt. Verhandeln, sich auseinandersetzen, um am Ende zu einem Kompromiss zu gelangen statt mutwillig zu spalten, was es zusammenzuhalten gilt, sollte die Devise lauten.

Das wär’s für heute, an diesem wahrhaft „black Friday“.

Susanne Lücke

20 Gedanken zu „Shame on you not so great Britain!

  1. Nein das ganze sollte ganz entspannt gesehen und angegangen werden:
    Den Wählerwillen in Grossbritannien sollte man ohne wenn und aber umsetzen!
    Die Schotten und Nordiren wollen bleiben, die Engländer und Waliser raus.
    Diesen Willen gilt es umgehend Folge zu leisten:
    Ab deren Antrag sollten die Englischen und Waliser EU-Abgeordneten sofort nach Hause geschickt werden und deren Diäten umgehend eingestellt.
    Sollte Restengland wie vom Ex-OB Londons angekündigt weiterhin Reisefreiheit geniesen wollen, braucht England nur dem Schengenraum beizutreten (was sie ja im Augenblick nicht sind).
    Sollten sie weiter mit der EU Handel treiben wollem, auch kein Problem.
    Dann können sie wie Norwegen die EU-Vorschriften bedingungslos akzeptieren,
    ohne dabei künftig mitentscheiden zu können.
    Dann können wir endlich die Finanzmärkte sinnvoll regulieren ohne von London gestört zu werden.
    Volksabstimmungen in Deutschland sind auch entspannt zu betrachten:
    Denn sollte man die EU-Verfassung ablehnen benötigt man dazu wie in Verfassungsfragen üblich eine 2/3 Mehrheit!
    Und nicht wie GB eine einfache.
    Im Gegenteil bei jeder Verfassungsänderung sollte das Volk um eine 2/3 Mehrheit der Zustimmung künftig generell befragt werden und nicht mehr die Parlamente.
    Denn große Koalitionen können dann nicht auf dumme Ideen kommen!
    Also alles entspannt angehen, dann hat jeder seinen Willen.
    EU, die Demokratie, England, Schottland und auch die AFD.

    1. In den Details stimme ich mit Ihnen überein. Ich habe aber vor allem drei Dinge im Visier: erstens bin ich keine bedingungslose Befürworterin von Volksentscheiden, denn: siehe Schiller! Eine erforderliche Zweidrittelmehrheit wäre ein sinnvolles Korrektiv. Zweitens sehe ich den Grund für das Aufbegehren einzelner Mitgliedsländer darin, dass das Konzept dieser EU einfach falsch ist. Und drittens kann ich das Ereignis „Grexit“ mit diesem Resultat nicht ganz so entspannt sehen. Es könnte Schule und die EU zu einem Scherbenhaufen machen. Bin ich da zu pessimistisch? Vielleicht.

    2. ..es konnte nicht besser gesagt werden…ein trauriges Ereignis fuer Europa und fuer England ein grosser Schritt ins Ungewisse…
      Wie heisst es doch so schoen..United we stand, divided we fall…
      man kann nur hoffen das der Fall fuer die armen Leute nicht allzu hart wird.

  2. Ich teile nicht die Meinung, dass man nach diesem Ergebnis generell an der Brauchbarkeit von Volksentscheiden und Basisdemokratie gezweifelt werden muss. Die Mehrheit der britischen Wähler hat sich für einen Austritt entschieden. Hier haben sich nicht Emotionen gegen Vernunft, sondern eine Meinung gegen eine andere Meinung durchgesetzt (Emotionen bedient und Ängste geschürt wurden auf beiden Seiten der Kampagne). Ich hätte es lieber gehabt, wenn das Land in der EU geblieben wäre, aber ich akzeptiere eine demokratische Entscheidung.
    Die Briten haben auch nicht gegen Europa, sondern gegen die real existierende EU gestimmt. Diese EU hat ein seit Jahren schlimmer werdendes Problem damit, von den Bürgern akzeptiert zu werden. Die Wahlbeteiligung bei Europawahlen ist mittlerweile nur noch knapp über 40%. Trotzdem wird in Brüssel munter „weiter so“ dahinregiert und jede Kritik an der EU-Bürokratie als europafeindlich diskreditiert.

    1. Richtig, aber dann muss das Votum in seiner Ganzheit umgesetzt werden:
      Schotten und Nordiren bleiben, Engländer und Waliser gehen.
      Wenn die Briten meinen in so existentiellen Fragen sollte einfache Mehrheit entscheiden dann gilt eben:
      Welcome Scotland and Northern Ireland.
      Godbye Wales and England!
      Hurrah, Hurrah, Hurrah!

      1. p.s. Interessant ist ja, dass angeblich die weitaus größere Zahl der Abgeordneten im Parlament für einen Verbleib in der EU waren. Wird durch einen Volksentscheid wie diesen nicht das Prinzip der parlamentarischen Demokratie überhaupt in Frage gestellt? Was meinen Sie?

        1. Ich sehe durch diesen Volksentscheid nicht das Prinzip der parlamentarischen Demokratie in Frage gestellt. Die Voraussetzungen für den Entscheid wurden ja mit dem European Union Referendum Act von 2015 vom Parlament selbst geschaffen.

          1. Ich sehe prinzipiell einen Widerspruch zwischen parlamentarischer Demokratie und Volksentscheid: Indem ich einen Abgeordneten ins Parlament wähle, drücke ich ihm ja das Vertrauen aus, das ich ihm durch einen Volksentscheid wieder entziehe.

          2. Nicht ganz:
            Das Parlament startete ein nicht bindendes Plebiszit!
            Das Parlament in London ist aber mehrheitlich für die EU.
            Dies bedeutet zuerst mal jetzt formal für die Demokratie die Auflösung dieses Parlaments und Neuwahlen, da das Volk sich gegen das Parlament entschieden hat.
            Damit hat das britische Volk jetzt auch die Möglichkeit entsprechende Abgeordneten zu wählen, die ihren Willen zum Austritt umsetzen.
            Nicht mehr oder weniger.
            Das ist die richtige formale Vorgehensweise!

      2. Man bekommt ja fast den Eindruck, die Befürworter von Brexit haben jetzt selber einen Schreck bekommen, und das Hinauszögern des offiziellen Austrittsantrags ist keine rein parteipolitische Maßnahme.

    2. Schwer zu sagen, was als „Argument“ gelten kann. Den wenigen ernst zu nehmenden Argumenten contra EU wirtschaftlicher Art standen eben so viele pro EU gegenüber. Wenn ich nicht irre, waren deren Befürworter vor einiger Zeit in der Überzahl. Was im übrigen nicht zu beantworten ist: wie viele Briten haben gegen die EU (eben doch EU und nicht das bislang unzulängliche Konzept einer EU) gestimmt aus Angst, diese werde ihnen die Queen wegnehmen (s. Straßenumfragen)? Und ist die Angst vor Überfremdung ein Argument? Großbritannien hat bis April 2015 ganze 143 Flüchtlinge aufgenommen (lt. Artikel im Tagesspiegel vom 22.4.2015), und Cameron versprach einmal, in Zukunft 15000 weitere aufzunehmen. So viele Nullen vor und hinter dem Komma gibt es gar nicht, um das in Prozentzahlen (bezogen auf die britische Gesamtbevölkerung) auszudrücken.
      Die „splendid isolation“, ein Begriff vom Ende des 19. Jahrhunderts, den es (ich glaube seit 1904) offiziell nicht mehr gibt, scheint in den Köpfen der Brits immer noch sein Unwesen zu treiben, was auf den Punkt gebracht bedeutet: Möglichst viele Vorteile wahrzunehmen, ohne eigene Verpflichtungen einzugehen. Insofern ist „splendid isolation“ kein ausschließlich britisches Phänomen. Eine EU als Solidargemeinschaft sollte es sein! Warum sollte man gemeinsame Probleme nicht gemeinsam zu lösen versuchen? Nur so dürfte das gelingen.

      1. Es ist natürlich nicht die Angst vor nicht vorhandenen Asylanten:
        Es ist die Abneigung gegen die EU-Einwarderer.
        Und vor allem, die Großmacht-Fantasien nach Viktorianischer Groesse.
        Der Exit von Schottland wird diese jäh beenden.
        Ein Austritt von Nordirland und weiters eine Reunion mit Irland wäre perfekt:
        Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein!
        Das wäre nicht nur für die ueberheblichen Engländer ein Heilsamer Schock!

    3. p.s. Interessant ist ja, dass angeblich die weitaus größere Zahl der Abgeordneten im Parlament für einen Verbleib in der EU waren. Wird durch einen Volksentscheid wie diesem nicht das Prinzip der parlamentarischen Demokratie überhaupt in Frage gestellt? Was meinen Sie?

  3. Also für mich ist eine Abstimmung über eine Verfassungsänderung mit einfacher Mehrheit eine Farce:
    Egal ob Plebiszit oder parlamentarische Entscheidung: sowas bedarf einer 2/3-Mehrheit.
    Aber die Engländer sollten nun bekommen was sie wollten, alleine zur Abschreckung:
    Irland und Schottland bleiben in der EU.
    Denn wer A sagt muss auch B sagen:
    Die wollen eben keine Bevormundung von London.
    Wie England und Wales von Brüssel.
    Denen, die jetzt in London für ein Verbleib protestieren soll dahingehend geholfen werden und die Schengenmitgliedschaft und Norwegenregelung angeboten werden.
    Das heisst de facto Mitgliedschaft ohne Stimmrecht.
    Ich denke, das wäre dannein Pyrrussieg für all die Ketzer!
    Die Rechten sprechen ständig von Vaterlands/Volksverrat:
    Auch dem sollte Rechnung getragen werden.
    Die Abgeordneten wie die der Ukip, die den Austritt aus Europa fordern sollten umgehend aus dem Parlament wegen Verrat ausgeschlossen werden.
    Ebenso wie andere Abgeordnete, die sich nicht zu Europa bekennen.
    Mussten die keinen Eid wie ein Minister oder Kanzler leisten?
    Dies sollte schnellsten eingeführt werden.
    Wer die EU parlamentarisch vertritt sollte auch auf deren Verfassung vereidigt werden!

  4. Ja der Boris Johnson, der hats heut allen gezeigt.
    Brexit aber nicht mit mir (an der Spitze)!
    Die Watschn sollen sich gefälligst andere abholen.
    (Wobei sich hier gleich 5 Freiwillige gemeldet haben!)
    Ist ja wie bei Astrix, wo der Zwietrachtsäher nach getaner Arbeit stiften geht.
    Diese optische Ausgabe eines jüngeren Bruders von Donald Trump,
    exakt der selbe Haarschnitt, halt mit noch bischen mehr Haaren, lässt aber andererseits hoffen:
    Vielleicht sagt ja Donald beim Republikanischen Kongress auch:
    Ätsch-Bätsch aber nicht mit mir!

    1. Ich kannte den vorher nicht.
      als ich ihn das erste mal über den Bildschirm huschen sah,
      dachte ich nanu sind die Nachrichten schon vorbei
      oder was macht der kleine Dicke aus „Little Britain“ aus comedy central hier im Bild. Und dann noch mit dem Hairstyle von Donald Trump.
      Nach seinem heutigen Exit von seinem Brexit kam ich nicht umhin mich verblüfft zu fragen:
      Ist Johnson vielleicht doch der aus Little Britain.
      Eines haben beide ja gemeinsam:
      Humor weit unter der Gürtellinie.
      Ich denke Johnson ist doch Little Britain:
      Ohne Schotten und Iren im wahrsten Sinne des Wortes.
      Satire wird real.
      Grandios!

      1. Ich kannte ihn von einer ganz anderen Seite: Er war (so um 2000) Herausgeber des konservativen „Spectator“ und hatte gerade darin gerade einen brillanten Artikel über Aeneas publiziert, der ja als „Migrant“, aus dem brennenden Troia entkommen, an den Küsten Italiens gestrandet war und sich dann mit den Bewohnern des Landes auf diplomatischem Wege einigte – ein perfektes Beispiel an Integration! Mein Mann und ich arbeiteten damals gerade an einem Buch über antike Mythologie für den Rowohlt Verlag und apllaudierten dem Autor brieflich. Johnson bedankte sich und versicherte, er werde nach unserem Buch Ausschau halten. Ich hatte also ein völlig anderes Bild von ihm und bin nach allem jetzt geradezu enttäuscht und entsetzt. Dass er ein Exzentriker ist, stört mich überhaupt nicht, im Gegenteil. Aber was er sich nun geleistet hat, ist verantwortungslos. Aber das soll er schon als Korrespondent (ich glaube des Telegraph) in Brüssel gewesen sein, soll sogar Geschichten frei erfunden haben. – Eine Korrespondentin des BR sagte, er sei bekannt dafür, nicht gern zu arbeiten. Sie vermutete, dass er einfach zu bequem sei, jetzt die herkulische Arbeit der Neu-Organisation des Landes zu übernehmen. Diese Arbeit überlässt er anderen.

        1. Normalerweise urteile ich nicht nach dem Aussehen.
          Aber die Frisur von ihm mit Trump ist für mich wirklich deckungsgleich.
          Und beide reissen einen Witz nach dem anderen bei ihren Auftritten.
          Meist zu Lasten anderer. Und sein jüngster Auftritt war Comedie pur:
          Unter dem Gejohle der Anwesenden, die seine Inthronisation erwarten, schwingt er eine Rede wie wichtig es für das Land sei jetzt einen neuen Premier zu erhalten, der den Brexit umsetzt.
          Um im Schlusssatz die verblüfften Anhänger zurückzulassen mit den Worten, aber nicht ich.
          Im selben Outfit mit identischer Frisur habe ich den Dicken aus Little Britain in einer Episode gesehen, in der er einen verschlagenen Geschäftsmann parodiert. Die Sendung wurde vor mehr als 10 Jahren produziert!
          Little Britain ist die Verschmelzung von Little England und Great Britain zu einem Wort: Little Britain.
          Und das ist das durchaus denkbare Ergebnis,
          Ein verbleibendes Kleinbritannien aus England und Wales.
          Und diesen Schuh will er sich nicht anziehen.
          Egal wer jetzt Premier wird, der kann nur verlieren!
          Im Prinzip ist das wie in Versailles 1918.
          Da mussten Politiker hin fahren, weil die Herren Hindenburg und Ludendorff
          sich weigerten als Oberbefehlshaber dort hinzugeben.
          Diese eindeutig Fahnenfluechtige liessen dann andere die Prügel beziehen in der Weimarer Republik und behaupteten auch noch Deutschland wäre im Feld doch ungeschlagen gewesen.
          Genauso ist der feine Herr, der sagt es werde nichts schlechter, sondern nur alles besser. Weil er aber weiss, dass das nicht so ist, macht er das selbe nochmal.
          Wird später behaupten den Brexit war erfolgreich, nur die Dilletanten
          haben kapituliert vor der EU.
          Dem Hindenburg brachte das das Amt des Reichspräsidenten.
          Darum will er jetzt nicht, wie er auch sagt, Premier werden.
          Mann muss den Leuten nur genau zuhören.

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