Sie sagte: Ich bin total happy, und ich fragte mich, warum sie nicht sagt: Ich bin total glücklich. Gibt es einen Unterschied zwischen happy und glücklich? Vielleicht gar keinen, außer dass happy englisch ist und glücklich der deutschen Sprache angehört.
Schief ist englisch, und englisch ist modern. Das ist eine Redewendung, deren Ursprung wohl nicht geklärt ist. Auf jeden Fall gab es die schon während des Dritten Reichs, denn jemand erzählte mir, er habe sie „damals“ einmal innerhalb der Familie gebraucht und sei auf der Stelle von seiner Mutter ermahnt worden, sie, um Himmels Willen, niemals in der Öffentlichkeit anzuwenden.
So viel jedenfalls lässt sich sagen: das Phänomen, sich mit fremden sprachlichen (und auch sonstigen) Federn zu schmücken, ist so neu nicht. Der römische Satiriker Juvenal (Decius Iunius Iuvenalis, geb. um 60 n. Chr., gest. nach 128) geißelt in seiner sechsten Satire, in der er die Ehe und die Frauen aufs Korn nimmt, die weit verbreitete (Un)sitte, sich griechisch zu geben, und das tat, wer etwas auf sich hielt! Das galt vor allem für die Frauen, die sich ansehnlicher, anziehender, unwiderstehlicher fühlten, wenn sie, waschechte Toscanerinnen, sich einen griechischen Anschein gaben. Sie fürchten sich auf Griechisch (spottet Juvenal), auf Griechisch genießen sie, beklagen sich, regen sich auf, beschweren sich, ja lieben sie! Nichts Neues also, und wenn jemand glücklicher ist, wenn er happy sagt ‒ soll er doch.
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass man in Italien am Kiosk zwar kein der BILDzeitung entsprechendes italienisches Blatt erstehen konnte (und kann, weil es das immer noch nicht gibt), aber ‒ zumindest noch in den 90er Jahren ‒ Taschenbücher mit gemeinfreien Texten (in Originalsprache mit italienischer Übersetzung) in der Reihe centopaginemillelire; tascabili economici Newton) für nur 1000 Lire (= 1 DM). Ich beziehe mich oben auf Band Nr. 61: Giovenale, Contro le donne. Newton Compton Editori 1993.
Das wärs für heute.
Susanne Luecke
Ich erinnere mich an ein Interview mit dem Schriftsteller H. C. Artmann, das ich vor vielen Jahren im Fernsehen gesehen habe. Auch er antwortete auf die Frage, wie es ihm aktuell ginge mit: „Ich bin happy“. Artmann war natürlich ein großer Worttüftler und hat das nicht einfach so dahergesagt. Happy, meinte er, sei für ihn eine kleine Stufe unterhalb des doch sehr großen Begriffs „glücklich“.
Ich glaube, so wird es auch von den meisten Leuten verwendet. Glücklich ist man, wenn man gerade die Traumfrau oder den Traummann kennengelernt hat, ein Kind gesund zur Welt gekommen ist oder man die Eiger Nordwand bezwungen hat. Für das kleine, zufriedene Alltagsglück fällt mir auch kein passendes deutsches Wort ein. Deshalb hat sich wahrscheinlich happy eingebürgert.