Kultursendungen haben ihren eigenen sprachlichen Charakter und sind deshalb, abgesehen von der Thematik, leicht zu erkennen. Da lässt die Natur ihre Muskeln spielen, da wartet ein Steak ungeduldig darauf, scharf angebraten zu werden, stolze acht Eier gehören in einen Teig, Buchteln nehmen in einer Form Platz, Burgen grüßen, je nach Standort des Betrachters, herunter oder herüber. Ob sie winken und guten Tag oder grüß Gott sagen, ist vermutlich von Burg zu Burg verschieden.
Für die, die solche Texte zu Gehör bringen, stellen sich andere Herausforderungen, die geeignet sind, deren Kompetenz, je nach dem, zu untermauern oder in Frage zu stellen. Dass ein professioneller Sprecher eine geschulte, möglichst wohlklingende Stimme hat, sei vorausgesetzt. Aber es ist nicht von Nachteil, wenn er obendrein über eine gute Allgemeinbildung verfügt. Nun gehört z.B. Latein nicht gerade zur Allgemeinbildung, schließlich ist es nicht in jeder Schule Pflichtfach. Es macht sich allerdings recht gut, wenn ein Sprecher sich vorher entsprechend informiert. Es dient jedenfalls seiner Glaubwürdigkeit, wenn er salutant nicht auf der letzten, sondern auf der zweiten Silbe betont, und ein bestimmter römischer Kaiser heißt nun mal nicht Septimius Séverus, sondern Septimius Sevérus. Auch empfiehlt es sich, sich einmal zu vergewissern, ob es wirklich in corporo sano (statt in corpore sano) heißt. Es ist heute ein Leichtes, sich kundig zu machen, wenn man keine entspechende Vorbildung besitzt. Freilich machen es uns einige Sprachen nicht leicht, etwa das Russische. Ephraim Kishon gestand einmal, er habe mehrmals einen Anlauf genommen, ein Werk der russischen Weltliteratur zu lesen, und es schließlich aufgegeben, weil er sich die vielen komplizierten Namen nicht merken konnte. Es könnte Dr. Schiwago gewesen sein, Pasternaks Roman von über 700 Seiten, dessen komplexe Erzählung von Hunderten von Protagonisten getragen wird.
Dagegen erscheint das Tschechische einfach, wenigstens wenn es um die Betonung geht, denn alle Wörter werden grundsätzlich auf der ersten Silbe betont. Der tschechische Ministerpräsident heißt deshalb eben nicht (gesprochen) Babíesch, sondern Bábisch (geschrieben Babiš).
Ob es sich bei dem italienischen Bildhauer Gian Lorenzi Bernini um einen bloßen Versprecher im Vorgriff auf das End-I in Bernini handelt oder schon so im Manuskript steht, sei dahingestellt. Man ist geneigt, letzteres auszuschließen. Dem Autor dürfte der berühmte Barockbildhauer Gian Lorenzo Bernini ein Begriff gewesen sein.
Das wär’s für heute.
Susanne Luecke