Morden für den Gottesstaat

Geschüttelt von Entsetzen, Ekel und Sorge hören wir die Nachrichten aus dem Irak und Syrien, wo sogenannte Gotteskrieger versuchen, buchstäblich über Leichen gehend ihren Islamischen Staat zu errichten. Aber so grausam dieses Geschehen ist – neu ist es nicht. Ähnliches hat sich schon einmal zugetragen und zwar genau dort vor ungefähr eintausend Jahren. Damals trieben die Assassinen


(die Bedeutung des Namens ist nicht geklärt) ihr Unwesen mit dem Ziel, die islamische Grundordnung im Sinne des Propheten Mohammed, die ihrer Überzeugung nach durch Usurpatoren zerstört worden war und von Tyrannen unterdrückt wurde, wieder herzustellen – nicht mit Friedfertigkeit, sondern durch Gewalt. Damals erdolchten sie vor allem Muslime sunnitischen Glaubens, heute sind es, umgekehrt, die radikal-sunnitischen Horden, die mit Gewalt ein Kalifat errichten wollen. Damals, im hohen Mittelalter, gab es keine Europäische Kommission für Menschenrechte, keinen Internationalen Gerichtshof, vor den man allerdings auch die Begründer des Lateinischen Kaiserreichs in Konstantinopel in der Folge des Vierten Kreuzzugs hätte zitieren müssen,  die sich mit Blut verschmierten Händen die Krone selbst aufs Haupt gesetzt hatten.

Wie war das übrigens, als die Normannen halb Europa in Angst und Schrecken versetzten, oder als wir Europäer auszogen, um weltweit einen christlichen Gottesstaat zu errichten, indem wir den Ureinwohnern ganzer Kontinente das Kreuz auf die Stirn brannten? Die Opfer waren damals der Gewalt so hilflos ausgeliefert wie wir Menschen heute, die wir nicht gewaltsam islamisiert werden wollen.

Alles Geschichte, sagen wir und lehnen uns beruhigt zurück; irgendwie hat’s die Geschichte ja gerichtet.

Das wär’s für heute.

Susanne Luecke