Ab mit Euch,

„wir sind nicht das Sozialamt für den Balkan!“

Das war gestern, am Aschermittwoch (O-Ton Horst Seehofer). Schon vor ein paar Tagen war es, genau am 13. Februar, da lief das heute-journal, aber ich war nebenher mit etwas Anderem beschäftigt. Plötzlich wehte mir ein eiskalter Wind entgegen, obwohl es im Zimmer schön warm war. Ich schaute auf und sah auf der Mattscheibe ein Gesicht, das ich schon fast vergessen hatte:  
das der ehemaligen bayerischen Justizministerin Beate Merk, heute Europaministerin. Sie war Claus Kleber zugeschaltet, gerade unterwegs im Kosovo, um dort bei der Lösung der Probleme des Landes mitzuwirken, in Wahrheit meinte sie wohl eher unserer eigenen Probleme, nämlich jener mit den stetig gewachsenen Strömen von Asylbewerbern. Nun soll also endgültig Schluss sein damit, im Kosovo sei schließlich niemand politisch verfolgt, und Armut und Perspektivlosigkeit lässt die Europaministerin nicht gelten als Grund, seine Heimat zu verlassen.

Beate Merk hat in einem Interview einmal von sich gesagt, sie „versuche, auf Zwischentöne zu hören“ und „mit Zwischentönen zu reden.“ In dem Gespräch mit Claus Kleber war davon allerdings nichts zu spüren. Auf den Einwurf des Moderators, da kämen doch Menschen in großer Not, ging die Frau der Zwischentöne nicht ein.

Jemand, der im dem Justizskandal um Gustl Mollath eine so schäbige Figur gemacht, wiederholt behauptet hat, der Mann sei „gefährlich“ und sitze deshalb zu Recht in der Psychiatrie, obwohl die Wahrheit längst auf dem Tisch lag, sich dann den Beschluss zu einem Wiederaufnahmeverfahren als eigenes Verdienst anrechnete, jemand, der in der Debatte um die Missbrauchsfälle in Einrichtungen der katholischen Kirche dem damaligen Augsburger Erzbischof Mixa beipflichtete, der die Schuld daran (mindestens zum Teil) der „sexuellen Revolution“ in die Schuhe schob, jemand, der in die sogenannte Verwandtenaffäre verwickelt war – wie viel Vertrauen verdient eine solche Person in einer so sensiblen Mission?

Wer jedoch argwöhnt, da könne unter der Oberfläche so etwas wie Rassismus wabern, sollte sich vor Augen führen, dass die Politik mit Menschen deutscher Staatsangehörigkeit in wirtschaftlicher Not genauso verfährt wie mit Armutsflüchtlingen aus anderen Ländern. In der Armut dürfen bei uns alle Menschen auf rigorose Gleichbehandlung zählen.

Demnächst in diesem Blog etwas zu der Frage: Weshalb müssen Hartz-IV-Empfänger oberhalb einer bestimmten Grenze den Entgelt aus eigener Arbeit mit den staatlichen Zuwendungen verrechnen, während Bundestagsabgeordnete ihre „Nebenverdienste“ (zum Teil in Millionenhöhe) zur Gänze einstecken dürfen?

n.b. Edmund Stoiber gestern, am Aschermittwoch: „Hier gibt es keine Peitschenhiebe für Blogger.“

Das kostet sicher Überwindung. Aber danke, Herr Stoiber!

Das wär’s für heute.

Susanne Luecke

6 Gedanken zu „Ab mit Euch,

  1. Hochgeschätzte Frau Lücke,
    danke fuer diesen Beitrag!
    Ich möchte an dieser Stelle auch Herrn Claus Kleber danken!
    Der bei diesem Interview nicht wie sonst üblich sich instrumentalisieren ließ.
    Bei den sonst üblichen Fragen im öffentlichen TV hatte ich erwartet, dass er wie alle anderen die Frau Merk gefrägt hätte, was man gegen diese Flüchtlinge unternimmt.
    Ich denke Frau Merk war hier überrascht, dass er ganz anders fragte: nämlich wie man gedenkt diesen zu helfen.
    Dass diese Politikerin weiter ihr Unwesen treiben darf ist mehr als geschmacklos!
    Die hatte sich früher schon gerühmt, dass Bayern die härtesten Haftbedingungen bundesweit hat. Nur eben nicht bei den Privilegierten wie Herrn Höneß. Bei dieser Frau läufts mir immer eiskalt den Rücken runter. Sowie bei Kreuzrittern die ebenfalls das christliche Abendland vertraten.
    So wie bei dieser Aschermittwochveranstaltung. Mir liefs da mehr als kalt den Rücken runter.
    Hier wurde nur auf Flüchtlinge, Griechen und struktursschwächere Bundesländer eingedroschen. Was denen einfällt an unserem Wohlstand partiziepieren zu wollen. Denn diese Kommunisten könnten alle nicht mit Geld umgehen. Wer frei von Sünde werfe den ersten Stein: Alpe-Adria lässt Grüssen. Und dann noch betonen mit uns als Christen nicht.
    Was hier an diesen Äußerungen christlich sein sollte ist nicht im Ansatz zu erkennen.
    Die Partei hat wohl eher einen Calvinistischen Denkansatz.
    Ich denke die hier gegegröllt haben als auf die Schwächsten der Schwächsten von der Kanzel eingedroschen wurde, hätten auch gegröllt wenn die CSU den totalen Krieg am Mittwoch in der Ukraine ausgerufen hätte.

    1. Die nachdrückliche Forderung Edmund Stoibers, man müsse den Kindern in der Schule noch entschiedener die christlichen Werte vermitteln (so sinngemäß), klingt uns noch in den Ohren. An die Umsetzung dieser Werte im täglichen Leben denkt die CSU dabei eher weniger:
      Bayern, die „Vorstufe zum Paradies“ (Horst Seehofer am Aschermittwoch), wacht ganz im christlich-sozialen Geist mit Argusaugen darüber, dass sich nicht die Falschen Zutritt zu diesem Paradies bzw. seiner Vorstufe erschleichen. Wehe, einer von denen wagt es, an diese Tür zu klopfen! Er darf mit einem höchst christlich-sozialen Fußtritt rechnen.

  2. „In der Armut dürfen bei uns alle Menschen auf rigorose Gleichbehandlung zählen.“ Sehr gut auf den Punkt gebracht. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten.

    1. Auf der selben Veranstaltung (Lifesendung auf Phönix) hat ein Redner unter dem Gejohle der Menschen im Saale mit Inbrunst verkündet:
      Die Griechen wollen für jeden Rentner unter 700€ im Monat eine 13. Monatsrente.
      Diesen Luxus muss man sich leisten können.
      Wir in Deutschland haben x-Millionen (nannte eine exakte Summe)
      Rentner unter 700€.
      Und zahlen keine 13. Rente.

      Ohne dabei rot zu werden und sich dafür zu schämen:
      In einem der reichsten Länder Europas.
      Traurig auch, dass dieser Satz niergendwo weiters kommentiert wurde in den Medien.

    2. Aus ganz aktuellem Anlass werde ich heute noch eine Fortsetzung zu diesem Stück posten. Was sich derzeit in Schondorf abspielt, ist geradezu eine Illustration zu diesem Text.

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