Gendergerechtigkeit

Dass die Arbeit von Frauen schlechter entlohnt wird als die von Männern, ist ein Skandal, aber diesen Missstand zu beheben, ist nicht Aufgabe der Kunst oder der Sprache, sondern der Politik.
Gendergerechtigkeit ist nicht nur ein Feind der Sprache, wie der Verein deutsche Sprache feststellt und damit gar dem Duden

die Stirn bietet. Sie breitet sich aus, heimlich, leise und unheilvoll.
Ein Beispiel für Krimi-Liebhaber. Sagen Sie nicht, Sie haben noch nie eine Folge von „Inspector Barnaby“ gesehen! Wirklich nicht? Dann ist Ihnen etwas entgangen beziehungsweise entgeht Ihnen etwas. Aber es gibt Gelegenheit, diesem Defizit abzuhelfen, derzeit abendfüllend jeden Montag auf ZDFneo.
Die skurrilen Geschichten spielen in dem fiktiven Dorf Midsomer, dessen Bewohner recht ausgefallenen Hobbies nachgehen und geplant zu Mördern oder unversehens zu Opfern werden.
Was diese Serie zur Kultserie gemacht hat, ist schnell ausgemacht. Es sind weniger die oft absurden Geschichten, perfekt in Szene gesetzt, sondern in erster Linie die schauspielerischen Leistungen. Darsteller, rücksichtlos gegenüber sich selbst, ja mit dem Mut zur Hässlichkeit, ganz im Dienste der Rolle – überzeichnete Charaktere bis knapp an die Grenze zur Karikatur, aber ohne jegliche Grenzüberschreitungen, so dass sie von ihrer Glaubwürdigkeit nichts einbüßen. Maske und Mimik bravourös auf einander abgestimmt.
Bis ins kleinste Detail durchdacht und durchgefeilt, umgesetzt in Bilder, die sich einprägen: wie eine Frau mit gespitzten Lippen ihren heißen Tee schlürft, eine andere gedankenverloren ihre Tabletten nach dem Dinner einnimmt, wie ein Genussmensch – im close up auf den Teller – gierig mit Messer und Gabel ein Gemetzel veranstaltet, wie eine nervöse Frau in aus dem Takt geratenen Trippelschritten zu ihrem Auto eilt, die Betulichkeit, mit der jemand Pastetchen auf kleinen Tellern arrangiert. Gesichter, die die ganze Skala menschlicher Eigenschaften und Gefühle überzeugend zum Ausdruck bringen. Hauptträger der Handlung: Inspector Tom Barnaby, von John Nettles verkörpert, mit Frau und erwachsener Tochter. Ein Inspector, der zwangsläufig in seinem Beruf aufgeht und damit häufig mit den Anliegen der Familie kollidiert.
All das gilt jedenfalls für die erste Staffel, bis, laut Drehbuch, der Inspector in Rente geht. Seine Rolle übernimmt in der zweiten Staffel laut Drehbuch sein jüngerer Cousin John Barnaby, verheiratet, mit kleiner Tochter, die von Folge zu Folge wieder ein Stück gewachsen ist.
Der neue Inspector Barnaby, dargestellt von Neills Dudgeon, ist dem alten darstellerisch absolut gewachsen, seine Figur als Inspector durchaus überzeugend. Doch die Qualität des Kozepts der neuen Staffel bleibt um vieles hinter der der ersten zurück. Die Charaktere erscheinen geglättet, die Gesichter sind weniger einprägsam, die Bewegungen unpointierter, die Atmosphäre nüchterner, ohne den irrealen, poetischen Zauber der ersten Staffel. Viel zu penetrant trägt die junge Mrs. Barnaby (Fiona Dolman) im Dienste einer Genderisierung ihre Emanzipierteit zur Schau, schon weil sie einem Beruf als Lehrerin und Schulleiterin nachgeht und auch zu Hause den Ton angibt, was dem Inspector in seiner Rolle einiges von seinem Format stiehlt.
Es fragt sich, wie viel künstlerische Freiheit und damit Qualität man im Interesse von Gendergerechtigkeit opfern muss, um einer Gesellschaft zu Diensten zu sein, für die eine letztlich ineffiziente political correctness oberstes Gebot ist.

Das wär’s für heute.
Susanne Luecke

Ein Gedanke zu „Gendergerechtigkeit

  1. Ich wusste gar nicht, dass es eine neue Besetzung von Inspektor Barnaby gibt. Mag sein, dass die neuen Folgen schlechter sind. Aber liegt das am Gendern? Hat Midsomer plötzlich eine lebendige LGBTQI+ Community? Kommen jetzt queere TäterInnen vor. Werden die Bobbys jetzt als PolizistInnen angesprochen?

    Es ist wohl für jede erfolgreiche Serie schwierig, wenn der Hauptdarsteller ausgewechselt wird (Ausnahme: Dr. Who). Meistens kommt das dann nicht mehr an das Original heran, ob nun gegendert wird oder nicht.

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