„Selbsternannt“

So, das Wort des Jahres hätten wir nun schon. Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat (wie jedes Jahr) aus tausenden von Vorschlägen ausgewählt und sich diesmal für „GroKo“ entschieden, das für „Große Koalition“ steht. Fehlt noch das Unwort des Jahres 2013 – und zwar bis zum 31. Dezember, dann werden wir auch das wissen.

Wie wäre es denn mit „selbst ernannt“? Es gibt selbst ernannte Richter, selbst ernannte Gurus u.a., und oft handelt es sich bei genauerem Hinsehen einfach nur um Gauner. Aber „selbst ernannt“  tritt  oft auch als  Beiwort zu „Kritiker“ in Erscheinung. Ein selbst ernannter Kritiker ist einer, der die Frechheit hat, ohne Genehmigung, ohne Aufforderung (Ernennung!) an irgendetwas oder irgendjemand Kritik zu üben. Der, die oder das Kritisierte (oder auch ein anderer, aber meist fremdernannter und damit autorisierter Kritiker) antwortet darauf,  indem er, sie oder es den Kritiker eben zu einem Selbsternannten erklärt.  Die Kritik eines Selbsternannten ist (das wird unterstellt) inkompetent, der Kritiker wird damit abqualifiziert und lächerlich gemacht. Zugegeben: manchmal nicht zu Unrecht.  Aber wo sind wir denn, dass wir erst darauf warten müssen, bis uns einer ernennt, bevor wir unsere Meinung (und durchaus auch eine kritische) äußern dürfen? Und was ist mit jenen, die von irgendwelchen vermeintlichen oder wirklichen Autoritäten die Genehmigung haben, sich öffentlich zu äußern? So manch einem Fremdernannten (etwa einem von einer Fangemeinde zum „Kaiser“ beförderten) möchten wir mit Boethius zurufen: Si tacuisses! Sinngemäß auf Vulgärdeutsch: Halt‘ nächstens besser die Klappe!

Das wär’s für heute.

Susanne Luecke