„Die Schule brennt.“ Das ist die Headline zu einem Artikel im Feuilleton der Nummer 18 der Süddeutschen Zeitung vom 23. Januar dieses Jahres, in dem es um das 2014 erschienene Buch „Geisterstunde“ von Konrad Paul Liessmann geht. Die Unterzeile des Artikels von Jens-Christian Rabe: „Der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann hat eine furiose Streitschrift über die Bildungsdebatte vorgelegt …. Nur warum wird sich eigentlich trotzdem nichts ändern?“
Vielleicht unter anderem deshalb, weil ein gesellschaftsrelevantes Thema wie dieses ins Feuilleton verbannt wird, den Teil der Zeitung, den viele von vornherein ungelesen zur Seite legen und später, immer noch ungelesen, entsorgen? Den Teil, dessen Inhalte viele gelegentlich mit der Bezeichnung „Feuilletonnörgelei“ abtun?
Weshalb hat die Sparte Kultur im öffentlich rechtlichen Fernsehen keinen standardmäßigen Platz in den Nachrichten? Politik, Wirtschaft, Sport, Wetter. Kultur? Fehlanzeige. Die versteckt man in separaten Magazinen jenseits der guten Sendezeiten als etwas, was nur eine „Elite“ interessiert, was dem Durchschnittsbürger anscheinend nicht zuzumuten ist. Haben die Programmgestalter Angst, dass der Fernsehzuschauer vor dem Wetter umschaltet, nur weil da mal kurz die Kultur zu Wort kommt?
Angesichts dessen verwundert es, wie lebhaft sich manchmal das Volk engagiert und Anteil nimmt genau an dem, was in die Sparte Kultur fällt. Da sind auf einmal die, die sich in keiner Weise an fragwürdigen Entscheidungen oder Verlautbarungen der Politiker stören, plötzlich im Stande eine Revolte anzuzetteln, weil ein argloser Künstler gewagt hat, auf einem öffentlichen Platz ein Werk zu installieren, das dem Geschmack der Allgemeinheit zuwiderläuft. Ein konkretes Beispiel: Vor fünfzehn Jahren wurde in Augsburg eine Bronzefigur von Markus Lüpertz aufgestellt, die der Künstler „Aphrodite“ nannte. Die Augsburger hatten jedoch ihre eigenen (natürlich allein gültigen) Vorstellungen und Anforderungen an das Erscheinungsbild einer Göttin der Liebe und Schönheit, und es entbrannte ein regelrechter Krieg. Der Volkszorn entlud sich derart, dass sich die Stadt kleinkriegen und die Statue wieder entfernen ließ. (Übrigens: das Werk wurde nicht aus Steuermitteln bezahlt!) Wie wäre es denn gewesen mit einer Gegendemonstration: „Wir sind Aphrodite“? Nota bene war es nicht nur Augsburg, das mit einer Affaire wie dieser Schimpf und Schande auf sich geladen hat. Ich will jetzt aber nicht noch weiter ausholen und auf das Spektakel in Salzburg zu sprechen kommen (Stichwort: der gefederte Mozart!). Sie werden sich erinnern.
Nach meiner Erinnerung holte der damalige Kanzler Schröder die vertriebene Aphrodite dann nach Berlin und gewährte ihr dort Asyl – mit dem Kommentar, diese Figur strahle eine ungeheure Sinnlichkeit aus. Was könnte man über die Liebesgöttin Treffenderes sagen? Da hat er mir gefallen, der Gerhard Schröder.
Das wär’s für heute.
Susanne Luecke
Liebe Susanne, auf die Kultur ein Loblied singen und auch eine Kulturfreiheit zu fordern, wo doch in letzter Zeit die Demonstrationsfreiheit wie Pressefreiheit in den Fokus unserer Presse geraten ist, ist ein mutiger Schritt von Dir . BRAVO, Susanne ! Wirklich gute Fernsehbeiträge fehlen oder sind selten in den öffentlichen Programmen zu finden und so ist man auf Sender wie z. B. Arte angewiesen, gute Beiträge ohne Werbepausen genießen zu können. Nach dem Motto, was man anbietet, wird konsumiert und das Volk wird so manipuliert mit Sendungen, die die Menschen demütigen und bloßstellen, wenn die Einschaltquoten das rechtfertigen. Das Mitgefühl wird hinten angestellt und so hat auch die Bildzeitung ihre große Nachfrage unter der Bürgerschaft. Die Kultur wird auch aus der Stadt gejagt, wenn es einer Vielzahl zu viel oder zu bunt wird. Gut, dass wenigstens Berlin ein Ort von Multi-Kulti ist und es bleibt zu hoffen, dass es als gutes Vorbild von anderen Städten angenommen wird. In diesem Sinne mach bitte mutig weiter und hör nicht auf an unsere kulturellen Sichtweisen zu rüttteln – Herzlichst Gisela
Liebe Gisela, danke für Zustimmung und Zuspruch! Aber auch Nicht-Zustimmung mit Argumenten ist willkommen!
Zur Ehrenrettung Salzburgs möchte ich noch etwas anfügen: Lüpertz‘ Mozartstatue zu teeren und federn war eine Aktion des selbsternannten „Pornojägers“ Martin Humer, eines landesweit bekannten Wirrkopfs, der dafür zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt wurde. Nennenswerte Zustimmung oder gar Unterstützung dafür hat es nach meiner Erinnerung in der Salzburger Bevölkerung nicht gegeben.
Gut, dass Sie das zur Sprache bringen. Insofern bin ich ungerecht, hier den Fall Mozart in Salzburg ins Spiel zu bringen!