Timbuktu ist nicht das, was man ihm nachsagt!

Mein Blogtext vom 1. April 2015 bedarf unbedingt eines Nachtrags.

Den Ruf Timbuktus als Ort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, dürfte Friedrich Sieburg, der Pariser Korrespondent der „Frankfurter Zeitung“, zu verantworten haben, der die Stadt (in der heutigen Republik Mali) in einem Reisebericht von 1937 als „trostlosen Ort am Ende der Welt“ beschrieb. Die Wahrheit hingegen ist, dass Timbuktu, 1894 von französischen Kolonialtruppen eingenommen und ein Jahr später dem neu entstandenen Französischen Kolonialreich Westafrika eingegliedert, vom hohen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert ein Ort von höchster wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung war.

Ein wesentlicher Teil seines kulturellen Erbes, seit 1988 UNESCO-Weltkulturerbe, ist heute durch islamistische Barbaren bedroht. Dass es jenen aber bislang nicht ganz zum Opfer fiel,, ist dem Archivar und Leiter der Mamma Haidara Memorial Library, Dr. Abdelkader Haidara, zu danken, der, unterstützt von zahlreichen Helfern, innerhalb von acht Monaten unzählige wertvolle Schriften (von 300 000 ist die Rede, von denen einige bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen) in 2500 Metallkisten verpackt und 2013 unter Lebensgefahr in Sicherheit gebracht hat. So konnten mehr als 90% der Manuskripte der Bibliothek gerettet werden: „uralte Koran-Ausgaben, Koran-Kommentare, religionsphilosophische Texte. Es gibt Schriften zu Geschichte, Musik und Literatur, zu Naturwissenschaften wie Biologie, Astronomie, Medizin, Physik, oder Mathematik“, erläutert Haidara, der 2014 für seine Rettungsaktion den Deutschen Afrika-Preis erhielt.

Hartwig Fischer, Präsident der Deutschen Afrika Stiftung,würdigte Haidaras Leistung anlässlich der Preisverleihung mit den Worten: Die Wahrnehmung des afrikanischen Kontinentes und seiner Menschen ist bei uns in Europa noch immer oft geprägt von diskriminierenden Vorurteilen und Fehleinschätzungen. Herrn Dr. Haidara ist es zu verdanken, dass wir durch die Manuskripte von Timbuktu eines besseren belehrt werden.“

Doch schon zieht eine neue Gefahr herauf. Im Klima der etwa 1000 km südwestlich gelegenen Hauptstadt Bamako drohen den Schriften im feuchten Klima der Savanne Schaden durch Kondenswasser, so lange sie in den Metallkisten lagern. Zum Teil sind sie bereits geschädigt. Nun sind kundige Restauratoren gefragt, kostbares Büttenpapier vor Schimmel und wertvolle Einbände aus Kamel- oder Ziegenleder vor Termitenfraß zu bewahren. Sind die Schriften restauriert, katalogisiert und schließlich digitalisiert, werden sie vorerst in Kartons aus säurefreiem Papier gelagert. Bis sie in ihre Heimatstadt Timbuktu zurückkehren können, dürfte noch sehr viel Zeit vergehen.

Das wär’s für heute.

Susanne Luecke