Ich sitze im Arbeitszimmer an meinem Schreibtisch und bin guter Stimmung. Es ist so wunderbar lange Tag in dieser Jahreszeit!
Nebenan im Wohnzimmer läuft der Fernseher. Wenngleich es noch so hell ist, wird es offenbar langsam Zeit fürs Abendbrot. Das wird mir schlagartig klar, weil sich in diesem Moment die Werbung zu Wort meldet und wie üblich kurz vor acht zum Aperitif lädt, dessen Spender unverkennbar die selbstlose Pharmaindustrie ist, die nur unser Wohlergehen im Sinn hat. Zum Dank erwartet sie von uns lediglich, dass wir ihr reichhaltiges Angebot an Pillen, Salben, Tropfen und Tinkturen gegen Blähungen, Verstopfung, Nagelpilz, Hautausschlag, Juckreiz, Arthrose, Inkontinenz, Harndrang und Hämhorrhoiden wahrnehmen und vertrauenssvoll zugreifen.
Ich weiß nicht ‒ auf einmal fühle ich mich so mies … Ich eile ins Wohnzimmer, schalte den Fernseher aus und schenke mir einen Aperol ein.
So, jetzt geht’s mir schon wieder viel besser.
Das wär’s für heute.
Susanne Luecke