Im November 2014 äußerte der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) in einem Gespräch mit der Illustrierten BUNTE Kritik an seiner Partei. Da fehle es an Engagement und Temperament (so etwa), und das sei wesentlich schuld an der bedenklich zunehmenden Wahlverdrossenheit. Also forderte er expressis verbis „mehr Herz, mehr Emotionen“, sinngemäß: bewegen Sie, meine Damen und Herren Parteifreunde und -freundinnen, Ihren Arsch, dann werden denselben auch die Bürgerinnen und Bürger bewegen.
In einer Zeit, in der viele Menschen sich anscheinend in den Kategorien der Gefühlswelt nicht mehr so recht auskennen und in entsprechenden Kursen, Workshops oder Seminaren lernen müssen, wie man zum Beispiel lacht oder kuschelt, muss man vermutlich auch erklären, was man unter Emotionen versteht. Soweit man sieht, gibt es zwar noch keine aufklärerische Hilfestellung von kompetenter Seite, es ist aber ganz einfach: Wer wissen will, was Emotionen sind, muss sich nur einen Sportreporter anhören, der gerade irgendein sehr wichtiges Fußballspiel kommentiert.
Wenn man dann kapiert hat, worum es sich bei besagtem Begriff handelt, kann man vielleicht auch Herrn Stoiber verstehen. Nur eines ist nicht so ganz nachzuvollziehen: in der Frage der Abschiebung von Flüchtlingen spielen Emotionen offenbar keinerlei Rolle – im Gegenteil. Da jongliert man mit Zahlen herum und argumentiert völlig emotionslos, um ein unchristlichsoziales Vorgehen zu rechtfertigen, etwa am vergangenen Sonntag in der Sendung „Sonntags um 11“ auf Bayern 5 (sind Abschiebungen nach Afghanistan konsequent oder inhuman?). Da entstand gar der Eindruck, dass Emotionen eher unerwünscht sind; bei den Kritikern der bayerischen Abschiebepraxis seien, so hieß es, eben auch „viele Emotionen“ im Spiel (zu ergänzen: da sollte man doch besser sachlich bleiben).
Also was denn nun – mehr Emotionen oder weniger Emotionen? Wer soll sich da auskennen.
Das wär’s für heute.
Susanne Luecke
Sehr treffend – danke Susanne